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Leonie Felle »Tapetenraum«
Kunst
2010/2015
Luitpoldblock, München

Leonie Felle | Künstlerin

Leonie Felle | Tapetenraum | 2010/2015 | Fotoprint auf Papier, 282 × 400 cm

Hier modriger Verfall, dort durchgestylter Luxus; hier der unaufhaltbare Sog der Vergängnis, dort das Illusionstheater eines ewigen Jetzt. Krasser können Gegensätze nicht sein. Magdalena Assmann, die Geschäftsführerin von Federkiel und der kleinen Bar aber sagt, dass vor dem Tapetenraum, einer Fotografie der Münchner Künstlerin und Musikerin Leonie Felle, »jeder und alles gut aussieht«. Wie kann das sein vor einem Motiv, das Einblick in zwei Räume gewährt, deren trennende Wand teilweise durchbrochen ist, deren Wände durchgehend von zueinander unpassenden und teilweise heruntergerissenen Tapeten bedeckt sind.

Alles, was sich da zeigt, schreibt dem Bild eine tiefe Melancholie ein. Auch ein kleines, als einziges unbeschadet gebliebenes, auf eine der Wände gepinntes Foto kann diese Stimmung nicht aufhellen, obwohl es eine unter einem Baum lesende, sonnenbeschienene Frau zeigt. Die Schönheit dieser kleinen Idylle aber mutiert zur Sehnsucht eines unerreichbaren Arkadiens. Und doch gewinnt Felles Tapetenraum etwas Pittoreskes. Zumal wenn man in der nur wenige Quadratmeter großen Bar steht, ohne jede Möglichkeit, das Motiv des Bildes zu überschauen. Dann werden die Farben und Muster der abgeranzten Tapeten zu einem leichten Ornament, zur Hintergrundfolie für den ›Auftritt‹ der Gäste.

Felles Thema in vielen ihrer Arbeiten ist die Zeit. Auch in Tapetenraum sind es zeitliche Unschärfen und Brüche, die den Betrachter irritieren. Was wir sehen ist keineswegs nur Verfall und Vergehendes. Es sind eben auch malerische Farben und Flächen. Die Patina, die die vergangenen Jahrzehnte hier hinterlassen hat, präsentiert Felle in ihrer ganzen berückenden Schönheit. Am Platz der Opfer schafft sie so mit ihrer Fotografie eine Gegenwelt oder besser eine Zwischenwelt zwischen der vermeindlichen Perfektion des Heute und der Erinnerung an ein vermeintliches Gestern.

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