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›Liquid‹ Textarbeit von Barbara Köhler
Kunst
ab Januar 2019
Luitpoldblock, München

Barbara Köhler

Unter dem Amiraplatz ist ein Schatz versteckt. Der westliche Stadtgrabenbach, gespeist vom Glockenbach, bringt Wasser in den Englischen Garten. Heute nicht mehr zu sehen, ist er doch wichtig, denn er klimatisiert den Luitpoldblock.

Nur mit Wasser gibt es Leben. Es steht für den Kreislauf ebenso wie für die Veränderung. Es fällt und es steigt. Es läuft auseinander und zieht sich gleichermaßen zusammen. Wenn wir durchs Treppenhaus hinaufsteigen, kommt es uns in einer Wort-Kaskade entgegen. Oder wir lassen uns von ihr gleichsam nach oben tragen. Das Treppenhaus ist ein Ort des Durchgangs und der Begegnung. In einem Fluss, heißt es, treffen wir niemals auf dasselbe Wasser. Im Treppenhaus begegnen wir nur scheinbar denselben Menschen wieder. Auch wir befinden uns in stetem Wandel.

Das Treppenhaus verbindet, es steht für den Weg zwischen Woher und Wohin. Die Textarbeit LIQUID der Lyrikerin Barbara Köhler hebt diesen Zwischenraum in unser Bewusstsein, lässt unsere Gedanken von Stufe zu Stufe eilen, manchmal auch nachdenkend den nächsten Schritt ertasten. Ulrike von Dewitz hat die Arbeit grafisch gestaltet. Dass der Text sich von zwei Seiten lesen lässt, von oben wie von unten beginnend, macht ihn ebenso ein- wie durchgängig.

Die Anordnung des Textes schließt mit ihrer typografischen Klarheit an die ebenso klare und entschiedene Bauart des Treppenhauses mit den schlichten Betonstufen und -brüstungen und dem schnörkellosen Handlauf aus massiver Eiche an. Diese bestehenden Elemente hebt die Neugestaltung durch den Architekten Kim Wortelkamp entschieden hervor. Das Farbkonzept des Künstlers Harald F. Müller
erfrischt das Auge mit kühlem, aber leuchtendem Gelb an den Wänden, ergänzt um einen mittleren Grauton.

Das Grau ist auf den originalen Natursteinboden abgestimmt. Alle Farben und Materialien schließen an den Bestand an. Durch die Wahrung der ursprünglichen Architektur aus den 1970er-Jahren behält das Treppenhaus sichtbar seine Geschichte. Überarbeitung tritt an die Stelle von Verdrängung. Vorhandene Materialien und Strukturen werden nicht einfach ersetzt. Das ist praktizierte Nachhaltigkeit.

Die markante Brandschutzverkleidung auf den Treppenabsätzen trägt nun die Verse Barbara Köhlers. Die Wörter und Teilsätze scheinen sich zu verflüssigen, lösen sich beinah auf und ziehen sich dann wieder zusammen wie unter der Spannung einer Wasseroberfläche.

Der wieder ins Bewusstsein gehobene Stadtbach ist nicht nur Symbol. Indem sein Wasser das Gebäude kühlt, spart er den vorher benötigten Strom. Diese nachhaltige Form, Energie zu gewinnen, weist in die Zukunft des Luitpoldblocks. Der Bach wurde vor Generationen durch den alten Stadtgraben geführt und später unter die Erde verlegt. Indem sein Wasser heute ressourcenschonend zur Klimatisierung beiträgt, hilft er mit, die Lebensgrundlagen der nachfolgenden Generationen zu sichern.

So wird der Luitpoldblock nachhaltig weiterentwickelt – aus der Tradition, für die er steht, in eine lebenswerte Zukunft. Sorgsamer Umgang mit dem Vorhandenen, hochwertige Kunst und Architektur verwandeln das Treppenhaus am Amiraplatz von einer Nebenfläche in einen erlebenswerten Raum für Mieter wie Besucher. Die Idee einer verantwortungsbewussten Qualitätssteigerung durchströmt konsequent und spielerisch das Gebäude, inspiriert und provoziert den Blick, bringt Gedanken in Fluss vom Keller bis zum Dach und zurück.

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